Bürokratie contra Mittagsverpflegung

Was nun folgt, ist eine Geschichte über deutsche Bürokratie, in der die Betroffenen die Schwächsten unserer Gesellschaft sind: Kinder. Die Geschichte geht so:
19 Euro ist der monatliche Eigenanteil pro Kind für einkommensschwache Familien  für die Mittagsverpflegung in Kindertagesstätten und Ganztagsschulen aus dem sogenannten Bildungs- und Teilhabepaket, das vor fünfeinhalb Jahren der Gesetzgeber eingeführt hat.  Nun klappt es aber sehr oft nicht mit der Zahlung dieser 19 Euro. Monat für Monat kommen Lastschriften in erheblichem Umfang zurück an den Träger. Heißt für den Träger nicht nur auf die 19 Euro verzichten, sondern auch noch die Kosten für die Rücklastschrift zu tragen.  Der immense Aufwand hat eine Arbeitsgruppe der Jugendhilfe, die so genannte AG II, sehr beschäftigt und dieses mit einem Antrag im Jugendhilfeausschuss thematisiert. Daraufhin  wurden Bundestagsabgeordnete eingeladen, um mit ihnen die fatalen Auswirkung des Bundesgesetzes zu diskutieren.

In Deutschland besteht ein besonders starker Zusammenhang zwischen dem sozio-ökonomischen und bildungsbezogenen Status der Eltern und den schulischen Entwicklungschancen ihrer Kinder. Zumindest beim Mittagessen sollte das anders geregelt sein, finden Rita Schilling (GRÜNE ratsfrau) und Peter Meiwald (GRÜNER MdB).

In Deutschland besteht ein besonders starker Zusammenhang zwischen dem sozio-ökonomischen und bildungsbezogenen Status der Eltern und den schulischen Entwicklungschancen ihrer Kinder. Zumindest beim Mittagessen sollte das anders geregelt sein, finden Rita Schilling (GRÜNE Ratsfrau) und Peter Meiwald (GRÜNER MdB).



Für die Oldenburger Träger wie die Arbeiterwohlfahrt, den KiB e.V. oder den Verein für Kinder kommen so in einem Jahr schon mal mehr als 5.000 Euro Kosten zusammen. Für die Träger keine kleine Summe. Ganz abgesehen vom Geld entsteht bei den Trägern ein kaum zu bewältigendes Bürokratiemonster.
Ein Gespräch mit den säumigen Zahlern, also mit den Eltern, hilft leider wenig, so die Erfahrung. Den Kindern, deren Eltern kein Geld mehr zum Zeitpunkt der Abbuchung zur Verfügung steht, das warme Mittagessen zu verweigern geht natürlich gar nicht. Die Eltern gehen den Trägern immer mehr aus dem Weg, weil den meisten natürlich auch peinlich ist, dass sie die 19 Euro für die Mittagessen ihrer Kinder schneller  ausgeben, als die Träger abbuchen können. Den Trägern ist diese soziale Diskriminierungsebene natürlich auch bewusst.
An dieser Stelle kommt das Jobcenter ins Spiel, denn dieses überweist die finanziellen Leistungen für das Bildungs- und Teilhabepaket. Wenn z.B. eine Klassenfahrt ansteht, dann überweist das Jobcenter den entsprechenden Betrag an den jeweiligen Träger. Warum geschieht das nicht ausgerechnet bei der Mittagsverpflegung, warum da der Abzug des so genannten Eigenanteils? Weil es im Gesetz so geregelt ist.
Wir GRÜNEN haben uns ein halbes Jahr nach der Einführung des Bildungs- und Teilhabepaketes dafür ausgesprochen, dass die Leistungen bei den Kindern ankommen müssten. Die Bundesregierung entschied sich mit dem  Bildungs- und Teilhabepaket gegen die Möglichkeit, einen Großteil dieser Leistungen bürokratiearm über einen pauschalen Kinderregelsatz abzugelten. Stattdessen ist ein aufwändiges Antragsverfahren mit einer Fülle von Arbeitshilfen, Anträgen, Zusatzfragebögen, Nachweisen, Verträgen und Bescheiden entstanden, dass zu einem enormen Missverhältnis zwischen Aufwand und Ertrag geführt hat. Allein die Verwaltung des Bildungs- und Teilhabepakets verschlingt rund 30 Prozent der eingesetzten Mittel. Wohl keine andere Sozialleistung in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ist so bürokratisch. Dies alles hat zur Folge, dass viele Kinder ihren verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf Bildung und Teilhabe nicht wahrnehmen können. Gerade die Eltern, denen bei der Erziehung ihrer Kinder geholfen werden sollte, werden durch die hohen bürokratischen Hürden abgeschreckt und nicht erreicht.
Rita Schilling, GRÜNES Mitglied im Jugendhilfeausschuss nahm an der Diskussionsrunde teil und bat die Träger darum, zu ermitteln, um welche konkreten Beträge es sich genau handele.
Wenn diese Summe ermittelt ist, gilt es, eine unbürokratische städtische Lösung im Sinne der Kinder zu finden, denn der Bund wird, so war  schon den Worten der anwesenden Abgeordneten der Regierungskoalition  zu entnehmen das Gesetz zum Bildungs- und Teilhabepaket auf absehbare Zeit nicht ändern.

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